Die Herren und die Ratten

Die Herren von oben.
Sie schnattern so laut.
Dass es den Kellerraten graut.

Die Angst lähmt die Ratten.
Sie horchen nur noch.
Die Herren von oben bedrohen das Loch.

Im Keller war Ruhe.
So soll es auch bleiben.
Die Ratten bitten die Herren zu schweigen.

Das Getöse ist heftig.
Die Herren am Schnattern.
Sie hören nicht auf die Bitte der Ratten.

Sie schnattern nun dauernd.
Die Ratten verzweifeln.
Den Herren ist nicht mehr auszuweichen.

Die Herren streuen Gift.
Die Ratten beraten.
Entschliessen gemeinsam in den Tod zu waten.

Ein Leben im Keller
würde den Ratten behagen.
In Frieden jedoch, ohne Bedrohung und Klagen.

So fressen sie umschlungen.
Das Gift und singen Lieder.
Und verstummen dann als freiwillige Sieger.



Mir war

Diese Frau
diese dort
die Schlendrige

Sie wirkt so
so
engelhaft

Nicht wegen den
Füssen
nein die boden gar

Nicht wegen den
Häärchen
nein die blonden zwar

Nicht wegen den
Augen
nein die blitzen klar

Aber wegen den
Armen
ja die flügeln so wunderbar

Diese Frau
diese dort
die Schlendrige
mir war
dass es ein Engel war

Diese dort!

Äh?
Jetzt ist sie fort.



Circulum vitae

Immer neu definitiv
Konsequent
Vehement
Um dann zu zweifeln
Und neuer definitiver
Konsequenter
Vehementer



Morbus morbidus

Ich kenn eine
Die war lebenslänglich
Unverschuldet
Unter Todesstrafe.

Aber auf freiem Fuss.



Selbstmitleid

Scheisse
Die man garstig
Selber frisst.

Tränen
Die man durstig
Selber säuft.

Eine psychologisch geschlossene Nahrungskette.



Schön

Steht er da

Und dort
Und hie

In der Bar
Nachtsabend
In Hausschuhen
Und schaut

Wie seine Hausfrau Barmaid.



Et voilà

Plötzlich kann auf der Strasse
wieder gegrüsst werden,
was anständig Abständig geworden.



Ein Er

Das Kind

im Radio

nennt seinen Namen

ein er

darf wünschen

durch den Äther

hinaus ins All

hinein in die Nacht

sich wünschen

da wird es schon

das wird schon

da draussen

auch einer hören

den Wunsch

auch einer richten

da draussen

den Wunsch

vom Kind

im Radio

das wünscht

nichts Böses.



Ein Zeug und eine Zeugin

Weils nicht zum
Aushalten
Dass einer dich zum
Nicht aushalten
Hält

Verhält man sich zum
Selbernichtaushalten

Hält aus
Dass einer nicht aushält

Und tut als ob
Und verwechselt darob
Wahr und falsch und unten und ob.



Baanaanee

Lang fixierte Banalitäten
Mutieren zu
hoch komplikaten Plexonen



Point of no return

Friss oder stirb!
Friss nicht oder stirb!



Fragen zum Mond 1

Sie Herr Nachbar

darf ich sie mal was fragen

ganz so aus meiner Warte

mir kommt vor

der Mond

der Nacht für Nacht erscheint

am Fenster vorbeizieht

uns umkreist

grad unmissverständlich

tendenziell

sich in zunehmender Form befindet

Sie Herr Nachbar

Sie aus ihrer Warte

sehen sie das

dieses Wachsen am Himmel

auch

auch so?

Müssten sie eigentlich.



Fragen zum Mond 2

Und Sie Herr Nachbar

noch eine Frage

nur

wohin soll das

mit dem wachsenden Mond

aus ihrer

und aus meiner Warte

wohl

führen?



Demographie

Andere
sind
armere.

Beunruhigend!



Früherziehung

Ihr Patenonkel Peter
hatte nur einen Arm

Er musste sie deshalb
assymetrisch ins Taufbecken tauchen

Ihr Patenonkel Peter
hatte nur einen Arm

Das hat sie geprägt

Ihr Patenonkel Peter
hatte nur einen linken Arm



Eine nicht poetische Poesie

Ganz

nebenbei

mit zunehmender Distanz

also zeitlicher

wie natürlicher auch

räumlicher

wirkt verblassend

was grell hervortrat

sich einschürfte

und jetzt

heiler

schon fast wieder

ganz

nebenbei

mit zunehmender Distanz

also zeitlicher

wie natürlicher auch

räumlicher

wirkt verblassend

was grell hervortrat

sich einschürfte

und jetzt ?



Am Familientisch

Redet man nicht
Soll man auch mal
Schweigt man
Soll man so nicht
Redet man also
Soll man schweigen



Angebranntes Kind

Drin in ihm
Tiefstählernes
Gebolzt und gegossenes
Resonanzen.
„Erst tunse Nettnett
Dann verhaunse dir den Ranzen.“



Schlagangst

Hebt einer das Händerl zum Gruss
Oh Weh
Werweisst es mir grad
Gibt es einen Händedruck oder einen Handschlag?



Freud’sche Verhandlung am Valentinstag

Allmorgenroutine
An Wintertagen
Nachtwollsocken runter
Hosen tragen

Doch kopfüberohne
Diestags so munter
Nachtwollsocken hoch
Hosen runter



Sommer: Die Daheimgebliebenen 1

Die, die fortgehen müssen
Wollen Heimbringen
Um das Fortgehen beim Heimbringen wiederzufinden



Sommer: Die Daheimgebliebenen 2

Am Wohnort
In schwüliger Ruhenacht
Die Deponie
Für was Heimgeholt und Fortgebracht

Ein Park voller Exotik
Was liegengelassen
Beim Herkommen
Oder Verlassen

Ein Planschbecken
Für Weltenreisen im da
Mit geliehenem Auge
Das in der Fremde sah.



Sommer: Die Daheimgebliebenen 3

Die Andern gehen holen
Kommen wieder bringen
Einer muss bleiben und warten
Auf ihre Geschichten und Karten



Sommer: Die Daheimgebliebenen 4

Kriegen ohne dafür kriegen zu müssen!



Sommer: Die Daheimgebliebenen 5
Noch nicht an der Aare

Nonedaraare?
Ein Ruf von unten in der Gasse geboren
Unverstanden trällert er hinauf ins Stockwerk sehnsüchtiger Ohren
Stimmt dort Ferien an sogar
Denn sie glauben, dass es italienisch war



Lokologie

Alles strebt nach oben.
Da bleibt unten
Mächtig viel Platz.



Hocheben

Es ist mir hierzuwelt
Wie tausender weiter oben
Dünn zum Schnaufen
Minuten stundenlang



Nichtkalkulierbares Risiko

Die Frau jammert:
„Hat mir einer einen Strich durchs Milchbüechli gemacht!“
Das Dorf sammelt.



Das Gretchen

Genug hat es gefragt
Der Heinrich tut stumm
Genug hat es gebettelt
Der Heinrich schert sich drum

Genug hat es verstanden jetzt
Endlich kann es fort aus diesem Revier
Viel leichter obwohl es verletzt
„Heinrich mir graut vor Dir!“



Sie

Sie hat sich überliebt.
Sie hat Zerrungen aller Arten.
Sie erholt sich jetzt.
Sie will wieder starten.



Die Langstreckenläuferin
Die Schnellste uf der Bahn zu sein
Ist herrlig
Aber grad vorm ersehnten Ziel verwundert ufgeben
Ist viel herrliger noch



Stillschweigen

Als wäre eins geworden im einsamen Ältern
Begleiten nun eingehackt hinauswärts
Die jungen Alten ihre alten Alten
Resigniert versöhnt